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Von der Tugend des blinden Gehorsams

 

Womöglich wird das Unbegreifliche fassbarer, wenn wir es transzendieren. Über den rechten Weg des Gehorsams.

Von Dominique Schmidt

Neulich habe ich auf dem Flohmarkt eine Kinderbibel gekauft. Nicht etwa aus religiösem Eifer, vielmehr dachte ich es wäre eine gute Gelegenheit, meinem fünfjährigen Sohn einen gewichtigen Teil unserer Kulturgeschichte nahezubringen. Ich überflog die Seiten, erinnerte dieses und jenes und kam dann zu einer Geschichte, in der Gott Abraham auffordert, ihm seinen einzigen Sohn zu opfern. Abraham versteht nicht, aber er gehorcht: 

„Gemeinsam mit seinem Sohn Isaak stieg er auf einen Berg. Dort wollte er seinen Sohn opfern. Als Gott sah, dass Abraham ihn so lieb hatte, dass er sogar seinen Sohn töten wollte, schickte er einen Engel. Zum Dank opferte Abraham einen Widder.“

Allerhand, dachte ich. Dieser Gott verlangt bedingungslose Gefolgschaft und verordnet grauenhafte Pein. Und Abraham? Keine Spur vom liebenden Vater, der sich schützend vor seinen Sohn, dem Ungeheuerlichen entgegenstellt. Widerspruchslos fügt sich Abraham dem Willen seines Herrn. Doch während ich noch um Fassung rang, erschloss sich mir auch schon die tröstende Botschaft: Denn dieser Gott ist gut. Abraham hat recht gehandelt, ihm zu vertrauen. Er folgt blind und wird dafür reich belohnt. Darauf dürfen wir also hoffen.

Unwillkürlich kam mir der Gedanke, dass wir diese Hoffnung auf Belohnung für blinden Gehorsam vielleicht alle in uns tragen. Und immer dann darin Zuflucht finden, wenn uns ein Opfer abrahamischen Ausmaßes abverlangt wird. 

Ein Vertrauensbeweis biblischen Ausmaßes

So wie zurzeit. Selbstverständlich verlangt niemand von uns, wissentlich unsere Kinder zu opfern. Doch ist die Forderung, die von den Regierenden so vehement an uns herangetragen wird, wirklich so viel weniger ungeheuerlich? Sollen wir denn nicht uns selbst und unseren Kindern einen noch nie zuvor am Menschen angewandten genetischen Impfstoff spritzen lassen? Sollen wir denn nicht blind auf das vertrauen, was doch noch kein Mensch wissen kann: eben dass dieser neue, genetische Impfstoff notwendig, wirksam und sicher ist? Und steht da nicht etwa das Versprechen im Raum, alles werde schon gut, wenn wir nur blind folgten und nichts hinterfragen?

Wie für Abraham ist auch für uns blindes Vertrauen die rechte Antwort auf die Forderung der Mächtigen – was nützt es uns da zu hören, was Kritiker zu sagen haben? Blindes Vertrauen wird nicht leichter für den, der etwa den Studien von John Ioannidis oder den Vorträgen von Sucharid Bhakdi Beachtung geschenkt hat. Um recht zu handeln, müssen wir also wie einst Abraham zunächst unsere Ratio dem blinden Vertrauen in die guten Absichten unserer Führer opfern. Zur Belohnung dürfen wir wieder reisen und trinken und tanzen. Als Strafe drohen Testpflicht und Quarantäne.

Meine Gedanken kreisten umher. Ja, wie Abraham leisten wir wohl einen Gehorsamsbeweis. Aber sind wir deshalb schon wie er? Abraham weiß um den bevorstehenden Tod durch seine Hand, den die göttliche Forderung seinem geliebten Schützling auferlegt. Wissentlich und dennoch frei von Zweifeln macht sich Abraham zum Werkzeug seines Gottes. So schonungslos sind unsere Führer nicht. Fürsorglich verbergen sie all jenes vor uns, das Zweifel wecken könnte. Sekundiert von den Faktencheckern in den Redaktionsstuben verabreicht man uns das beruhigende Soma: Deine Regierung ist gut, vertraue ihr blind und du wirst reich belohnt werden. Nein, das harte Schicksal Abrahams teilen wir nicht – zwar müssen auch wir den Gehorsamsbeweis leisten, doch ohne das dröhnende Wissen ums Unausweichliche hängt unsere Messlatte ungleich tiefer.

Der süße Trost des Hoffens

Dennoch, die Geschichte von Abrahams Opfer ließ mich nicht mehr los. Zuhause angekommen griff ich zur Bibel. Ich las: 

„Da sprach Isaak zu seinem Vater Abraham. Er sagte: Mein Vater! Er antwortete: Hier bin ich, mein Sohn! Dann sagte Isaak: Hier ist Feuer und Holz. Wo aber ist das Lamm für das Brandopfer? Abraham sagte: Gott wird sich das Lamm für das Brandopfer ausersehen, mein Sohn. Und beide gingen miteinander weiter.“

Plötzlich durchfuhr mich ein weiterer Gedanke: War es nicht auch Isaak, der seinem Vater Abraham blind vertraute? Und war es nicht der Vater, der den Sohn über seine wahren Absichten täuschte? Sind wir dann aber nicht viel eher wie Isaak denn wie Abraham? Eben wie unwissende Kinder, die ihren Eltern nichts Böses zutrauen, könnten sie doch ohne sie nicht überleben?

Was aber, wenn unsere Führer – gleich Abraham – in blindem Gehorsam ihren Göttern folgen und bereit sind uns dabei zu opfern? Dass wir wie Isaak getäuscht wurden ist denkbar. Doch räumten wir diesem Gedanken einen Platz ein, wir würden die Prüfung wohl nicht bestehen. Der Zorn Gottes wäre uns gewiss – es drohte die Verdammnis. Entscheiden wir uns hingegen dazu blind zu bleiben und zu folgen, so dürfen wir weiterhin hoffen. Bis zuletzt.

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